Der Traum der Wintersonne by Uschi Zietsch

Der Traum der Wintersonne by Uschi Zietsch

Autor:Uschi Zietsch [Zietsch, Uschi]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-27T05:00:00+00:00


Menwy fand sich am anderen Morgen zu ihrem Erstaunen in einem kleinen Stall wieder, in einem bequemen, mit Fellen ausgelegten Heubett, dicht bei dem Hengst, der seinen Kopf gerade zu ihr neigte.

»Was ist geschehen?« fragte sie verwundert.

»Du hast geschlafen, was sonst?« entgegnete Eliesin.

»Aber anders als sonst … ich fühle mich so stark …« Sie erhob sich und ging zur Stalltür. »Es ist schön draußen! Weißt du was? Heute gehe ich Schwimmen im See, mag er auch noch so kalt sein!« Fröhlich lief sie zum See, zog das Hemd aus und sprang mit Todesverachtung hinein. Für einen Moment glaubte sie, das Herz bliebe ihr stehen, und sie trat kräftig Wasser und begann sich energisch durch die eisigen Fluten durchzukämpfen. Bald wurden ihre Muskeln wärmer, die Haut taub und gefühllos vor Kälte, und ihr Körper streckte sich, die Arme holten kräftig aus, und sie schoß wie ein Otter so schnell und biegsam über den See dahin. Der Wolfshund rannte bellend am Ufer nebenher; seine Schönheit entfaltete sich erst im Lauf so richtig, und Menwy verharrte kurz, um ihm zuzuschauen. Das Wasser bitzelte in den Fingerkuppen und stach in die Füße wie tausend Nadeln; Menwy drehte sich um und schwamm zügig zurück und tauchte unter, ehe sie das Ufer erreichte. Funkensprühend und blinkend wie ein Fisch durchbrach sie dann wieder die Oberfläche, während das Wasser um sie herum in tausenden von Tropfen verspritzte, blitzend im Sonnenlicht wie Diamanten. Am Ufer stand bereits Sanna mit wollenen Tüchern, in die sie die schlotternde Prinzessin einwickelte und ins warme Haus brachte. Menwy klapperte mit den Zähnen, als sie sich vom Feuer auftauen ließ, aber ihre Augen leuchteten wie Gewitterhimmel. »Was habt Ihr mit mir gemacht?« fragte sie, während sie vorsichtig an heißer Honigmilch nippte.

Die Hexe lächelte. »Ich habe Euch nur gestärkt für Euren bevorstehenden Kampf«, sagte sie. »Nun könnt Ihr in Ruhe weiterreiten. Ich habe Euch Vorräte eingepackt, dieser Beutel hier enthält Heilsalben, und hier«, sie hielt einen kleinen Lederbeutel hoch, »dies ist für das Wasser des Lebens. Tragt ihn am Gürtel und öffnet den Beutel erst dort. In dieser Feldflasche könnt Ihr das Wasser sammeln.«

»Kann ich es trinken?« erkundigte sich Menwy.

»Das müßt Ihr selbst herausfinden, Prinzessin. Euer Gefühl wird es Euch verraten«, antwortete Sanna.

Menwy stand auf. »Bitte, wartet einen Moment.« Sie lief in den Stall, zog sich an und kramte dann in der Tasche, bis sie endlich den Pergamentblock fand. Sie kehrte ins Haus zurück und reichte der Hexe ein Bild, auf dem Eliesins Kopf lebensecht abgebildet war. »Ihr habt so viel für mich getan«, erklärte sie. »Dieses Bild habe ich unterwegs gemalt, und ich möchte es Euch als Dank schenken. So wird Feenland Euch immer nahe sein.«

Sanna nahm das Bild stumm in Empfang und betrachtete es lange Zeit, dann sagte sie leise: »Ihr braucht Euren Traum nicht mehr zu suchen. Ihr habt ihn die ganze Zeit in Euch getragen.«

Menwy erwiderte: »Ich glaube, Ihr seht Eliesin anders als ich. Für Euch ist er mehr als ein Pferd.«

Die Hexe fuhr hoch, ihr Gesicht wirkte für einen Moment verstört, dann sprach sie: »Nein, Menwy.



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